Etwas auf die lange Bank schieben
Manche Menschen kommen einfach nicht zu Potte, wie man so sagt. Denen gelingt es wirklich, nicht nur etwas, sondern alles auf die lange Bank zu schieben. Diese Menschen sind meist so langsam, dass man ihnen ohne jegliche Eile beim Laufen die Schuhe besohlen kann. O, sie können einen zur Verzweiflung bringen, sogar in den Wahnsinn treiben. Bevor man diese Menschen zu etwas bewegt, hat man es längst selbst erledigt. Es gibt eben Menschen, die machen es nach vier Stunden, und andere, die brauchen vier Stunden. Vermutlich ist die Redensart "etwas auf die lange Bank schieben" eigens für diese nur mit erheblicher Geduld erträglichen Zeitgenossen erfunden worden. Das kann eigentlich gar nicht anders sein.
Die Herkunft dieser Redensart sind die Gerichtssäle. Wen wundert's? Auch dort kann man oftmals warten bis man graue Haare hat, bevor sich das hohe Gericht zu einer Entscheidung durchringt. Ja, man kann schon froh sein, wenn man das unverschämte Glück hat, noch vor dem ergrauten Haupthaar überhaupt einen Gerichtstermin zu bekommen. Das belegt auch die übliche Erklärung dieser Redensart. Denn früher lagen die Akten bei Gericht auf den Bänken der Richter und Schöffen. Dabei wurden Akten, die aktuell nicht benötigt wurden, einfach nach hinten geschoben. Und sobald die Akten dort gelandet waren, dauerte es natürlich geraume Zeit, bis die Akten nach vorne wanderten und der Fall verhandelt wurde.
So war das in der guten alten Zeit bei Gericht, und das hat sich nach meiner subjektiven Beurteilung bis heute, trotz elektronischer Datenverarbeitung, keineswegs auch nur um einen Deut geändert. Vermutlich werden diese neuzeitlichen Kommunikationsmittel am Gericht nur und ausschließlich zum Surfen im Internet verwendet, um die nächste Reise für die Familie des Richters zu buchen oder an der Börse zu spekulieren. Und in den Köpfen vieler Menschen scheint es in der Tat ebenso auszusehen wie auf den langen Bänken der Gerichtssäle, wie bei den Richtern und Schöffen. Auch denen gelingt es mühelos, alles, was ansteht, auf die lange Bank zu schieben, bis ein anderer es für sie erledigt, bevor ihm der Geduldsfaden reißt.
* Autor: Dr. Franz-Josef Hücker; -- Quelle: das Akazienblatt Nr. 14.2009, S. 11.