Bekannt sein wie ein bunter Hund
Der Leipziger Jurist und Schriftsteller Gottlieb Siegmund Corvinus (1677-1747) verfasste in den Jahren 1710 und 1711 unter dem Pseudonym Amaranthes (eine immerwährende Pflanze, die nicht vergeht und ewig blüht) die "Proben der Poesie in galanten, verliebten, vermischten, Schertz- und satyrischen Gedichten", deren erste Ausgabe am 19. September 1712 konfisziert wurde. Am 4. November 1712 wurde die Genehmigung zum Nachdruck mit der Auflage erteilt, anstößige Stellen zu entfernen. Am 28. November 1712 wurde das Werk erneut konfisziert und Gottlieb Siegmund Corvinus zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt.
In den Proben der Poesie findet sich unter anderem der Hinweis auf eine gewisse Frau: "Die es mit keinem redlich meint, die man, es weiß es jedes Kind, pflegt einen bunten Hund zu nennen, den man auf allen Straßen find." Das als Hinweis vorangestellt, dass die Redensart "Bekannt sein wie ein bunter (scheckiger) Hund" schon mal in diese Richtung weisen kann, dann aber auch in eine andere, wie etwa eine Anzeige aus den 1950ern zu belegen scheint.
Damals versuchte die Bielefelder Gewürzhandlung Gehring & Neiweiser zunächst den Umsatz mit dem Bild eines Spatzen zu verbessern: "Die Spatzen pfeifen's schon von den Dächern! So bekannt ist es, daß eingelegte Gurken über den Winter hinaus knackfest bleiben durch Alba * Gurkendoktor und daß die Gurken mit Alba * Einmach * Gewürz besonders delikat schmecken." (Das Ostpreußenblatt 6(36) vom 3. September 1955, S. 7) - Sodann mit dem Bild eines (scheckigen) Hundes: "Bekannt wie ein bunter Hund ist die alte Weisheit, daß eingelegte Gurken über den Winter hinaus knackfest bleiben durch Alba * Gurkendoktor und daß die Gurken besonders delikat schmecken mit Alba * Einmach * Gewürz." (Das Ostpreußenblatt 7(33) vom 18. August 1956, S. 8)
Grundsätzlich bezieht sich das Adjektiv "bunt" auf das Fell des Hundes. Und anders als das einfarbige Fell fällt das mehrfarbige mehr ins Auge. Dabei geht es zumeist um eine regionale Bekanntheit, wie das Beispiel von Amaranthes vermuten lässt, die jedoch keineswegs eine überregionale oder internationale Bekanntheit ausschließt. Doch es gibt zahlreiche "bunte Hunde" und das Niveau des Bekanntheitsgrades steht und fällt naturgemäß mit all dem, was geeignet scheint, die Umschreibung "Bekannt wie ein bunter Hund" mit Leben zu erfüllen.
Das mag bei Amaranthes ein gewisser Lebenswandel der Frau gewesen sein, die sie bekannt machte wie einen "bunten Hund". Das mag im Falle der Gewürzhandlung ein nicht nur schön geredetes Gewürz sein, sondern ein Gewürz, das hält, was der Gewürzhändler verspricht. Ob die Redensart "Bekannt wie ein bunter Hund" eher schmeicheln oder herabsetzen soll, mag sodann jeder für sich aus dem wie auch immer gearteten Zusammenhang erschließen.
"Heinz Buschkowsky (66, SPD): Sein Buch: "Neukölln ist überall". Heinz Buschkowsky auch, im Fernsehen, in Talkshows, in der Presse - Buschkowsky ist bekannt wie ein bunter Hund und beliebt - doch taugt er auch für das Amt des Regierenden?" (BZ Berlin Online, 29. August 2014 16:18) - "Er war Rennfahrer, Wirt und bekannt wie ein bunter Hund - jetzt ist Egon Jankowski nicht mehr am Leben." (Freie Presse, Chemnitz, 07.02.2019)
Als Redensart soll die Wendung seit dem 17. Jahrhundert überliefert sein, zu ihrer Herkunft existieren keine Nachweise. Auch bei dem sonst meist sehr auskunftsfreudigen Lutz Röhrich sucht der Leser in dessen "Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten" (Freiburg im Breisgau: Verlag Herder, 2003, S. 757) vergeblich nach diesem Hinweis. - Schweigen im Walde!
* Autor: Dr. Franz-Josef Hücker; -- Quelle: das Akazienblatt Nr. 03.2020, 14. Jg., S. 11.
