Cherchez la femme
Die heutzutage wohl eher nur noch selten verwendete Redensart "Cherchez la femme" soll aus einer Zeit stammen, in der das Französische noch als Bildungssprache galt. In der gehobenen deutschen Konversation etablierte sich diese Redensart mit Meyers Enzyklopädie von 1888 und findet sich als Schlagwort in der deutschen Nationalbibliothek. - Tatsächlich reichen ihre Wurzeln bis zu der gespitzten Feder des römischen Satirikers Decimus Iunius Iuvenalis (58-140), bekannt als Juvenal, der mit seiner Dichtkunst der Frau die Hauptursache aller Rechtsstreitigkeiten andichtete: "Nulla fere causa est, in qua non femina litem moverit" (Es gibt kaum einen Prozess, bei dem nicht eine Frau den Streit ausgelöst hätte.).
Im Französischen bedeutet das Sprichwort zwar in der wörtlichen Übersetzung "sucht die Frau", tatsächlich jedoch in einer unbestreitbaren Annäherung an Juvenal "gewiss steckt eine Frau dahinter". Diese Deutung offenbart sich erstmals 1854 im Roman "Les Mohicans de Paris" (Die Mohikaner von Paris) des französischen Schriftstellers Alexandre Dumas père (1802-1870) als Leitidee des Pariser Polizeibeamten Jackal in seinem Kampf gegen die Pariser Unterwelt, dort als "Il y a une femme dans toutes les affaires; aussitôt qu'on me fait un rapport, je dis: Cherchez la femme" in die Worte gebracht, und nur wenige Jahre später in dem am 20. August 1864 uraufgeführten Bühnenstück zu "Les Mohicans de Paris".
Inspirierte die Redensart auch den seit Jahrzehnten (beginnend 1970) ausgestrahlten Tatort von ARD, ORF und SRF? Welch eine Frage. Schließlich wurde bereits 1973 dem Wesen der Redensart samt Wortlaut ein Tatort gewidmet mit dem von einigen Zeitgenossen als etwas umständlich apostrophierten Titel "Cherchez la femme oder Die Geister am Mummelsee". In der Tat ein schillernder Titel, des Tatorts würdig, nachdenklich stimmend. Der in eine nicht allzu weit hergeholte Vermutung einmündet: Dass es nämlich nichts gibt, was eine etwas ungelenke Hand nicht noch auf die Spitze treiben und im Mummelsee versenken kann.
* Autor: Dr. Franz-Josef Hücker; -- Quelle: das Akazienblatt Nr. 07.2015, S. 11.