Deus ex Machina
Der Redensart "Deus ex Machina" haftet schon an und für sich etwas Unbestimmtes an. Und so wundert es nicht, dass sie nichts anderes abzubilden vermag. Andererseits beinhaltet sie eine starke Sehnsucht. Beinhaltet sie manches, was sich nicht wenige sehnlich wünschen. Wer möchte nicht gut dastehen? Inmitten des Rampenlichts, sich am Beifall berauschen. Verdient oder unverdient. Hand aufs Herz, wen juckt's denn wirklich und falls ja, wo bitte genau?
Die Wurzeln der Redensart sind mit antiken Tragödien verknüpft; sie selbst wird aus dem Lateinischen mit "Gott aus der Maschine" übersetzt. Dabei geht es nicht um eine wie auch immer geartete künstlerische Leistung. Es geht um Gott, der die mit verzweifelten Blicken herbeigesehnte Rettung im letzten Moment herbeiführen muss. Was selbst nicht geleistet wurde, bewirkt nun der herbeigerufene Gott aus der Maschine. Der aus der Höhe auf die Bühne schwebt, um in den dort angebahnten Konflikt lösend einzugreifen.
Genauer steht "Deus ex Machina" also für Gott aus der Theater-Maschine. Für die nicht überzeugende, weil nicht künstlerisch, sondern künstlich herbeigeführte Lösung eines literarischen Handlungsknotens. In der Redensart artikuliert sich somit Kritik an Tragödien minderer Qualität, deren Ende oder Abschluss eben nicht in der Handlung verwurzelt ist, dieser organisch entspringt, sondern von einem mittels einer technischen Vorrichtung herbeigezauberten Gott zu guter Letzt der Tragödie als Abschluss aufgesetzt wird.
Im ursprünglichen Sinne meint die Redensart also ein technisches Ding, eine Maschine, mit deren Hilfe am Ausgang mancher antiker Dramen eine Gottheit aus der Höhe auf die Bühne schwebte, um den zuvor unlösbar scheinenden Konflikt auf eine göttliche Art zu lösen.
Nichts anderes gilt in unserer Zeit. Ob auf der Bühne, in der anspruchsvollen oder schlicht daherkommenden Literatur oder in unserer auch nicht immer anspruchslosen Lebenswelt. Auch dort geht es nur allzu oft um herbeigesehnte und überraschend auftretende Personen oder Ereignisse, die in einer unlösbar scheinenden Situation in das Geschehen eingreifen und es zum gewünschten Ende bringen. So gehen Kunst und Lebenswirklichkeit Hand in Hand.
* Autor: Dr. Franz-Josef Hücker; -- Quelle: das Akazienblatt Nr. 01.2016, S. 11.