Dreck am Stecken haben
Jeder hat irgendwo eine Leiche im Keller, ist oft zu hören. Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen, ist ebenso oft zu vernehmen. Manchmal ist das alles verborgen, und man muss die Leiche zunächst ausgraben, um sie sichtbar zu machen. Das ist Aufgabe der Justiz, der Presse; ohne Ansehen der Person, versteht sich von selbst. In diesen Fällen geht es um das in der Redewendung "Dreck am Stecken haben" beschriebene. - Dass jemandem etwas zur Last gelegt wird. Eine Verfehlung, die nicht auf den ersten Blick sichtbar ist, jedoch auf den zweiten. Die mit ein wenig geduldiger Recherche ans Tageslicht gefördert werden kann.
Die Herkunft der Redensart soll im Mittelalter wurzeln. In dieser Zeit waren die Wege in der Regel zumeist noch völlig unbefestigt und oftmals witterungsbedingt schlammig, sodass es für Fußgänger unvermeidlich war, ihre Schuhe zu beschmutzen. Darum mussten diese auch, bevor man ein Haus betrat, gesäubert werden. Für die Reinigung des Schuhwerks wurde der in der damaligen Zeit übliche Wanderstecken verwendet und anschließend der Ärmel, um die Schuhe zu polieren. Den Schuhen konnte man es also nicht mehr ansehen, welchen Weg der Wandersmann genommen hatte, allerdings offenbarten sowohl der Ärmel als auch der Stecken, dass hier etwas beseitigt worden ist, was nicht sichtbar werden sollte.
Im Gegensatz zur reinen Unschuld wurde in dieser Zeit der Dreck mit Sünde und Schuld in Verbindung gebracht. Mit moralischen Verfehlungen, einer zwielichtigen Vergangenheit. So entstand zunächst die Redewendung "Dreck am Ärmel" und später die uns vertrautere "Dreck am Stecken", die Menschen bezeichneten, die als Blender, Betrüger oder Heuchler einiges zu verbergen hatten. Die ihre oftmals schmutzige Vergangenheit verbergen wollten. Die sie aber dennoch wie den Straßendreck, den sie trotz aller Mühe nicht restlos entfernen konnten, nicht loswurden. - In unserer Zeit meint die Redewendung "Dreck am Stecken haben" meist ohne Umwege und jeden Zickzackkurs vermeidend, dass jemand irgendwann eine Untat begangen hat, die ihm jedoch, ebenso wie in früheren Zeiten, nicht ohne weiteres nachzuweisen ist.
* Autor: Dr. Franz-Josef Hücker; -- Quelle: das Akazienblatt Nr. 10.2010, S. 11.