Um des Kaisers Bart streiten
Es ist manchmal nicht zu glauben, um was sich Menschen streiten. Und immer ganz bei der Sache sind. Der Eifer ist grenzenlos. Keiner gibt nach. Selbst wenn es um des Kaisers Bart geht. Letzteres meint Streiterei wegen einer Kleinigkeit. Um belanglose Angelegenheiten. Jedenfalls ist in diesem Fall die Redensart "Um des Kaisers Bart streiten" ach so passend.
Bei der Suche nach der Herkunft der Redensart verknüpfen die einen sie mit dem unsinnigen Streit von Gelehrten um die Frage, ob Karl der Große einen Bart getragen habe oder nicht. Während andere, was gemeinhin als sehr viel wahrscheinlicher angenommen wird, für eine volkstümliche Entstellung und Umdeutung aus Geißenbart und Ziegenwolle plädieren. Der Streit um diese Ziegenwolle ist eine Lehnübersetzung von "de lana caprina rixari" ("um Ziegenwolle streiten" oder "um den Geißenbart streiten"), die der römische Dichter Horaz (8 v. Chr.) auf den Weg gebracht haben soll. Horaz amüsierte sich in seinen Episteln über die Frage: Ob man ebenso wie beim Schaf auch die Ziegenhaare als Wolle bezeichnen dürfe? So wurden aus der Ziegenwolle die Geißenwolle und der Geißenbart. Und letzterer konvertierte im Laufe der Zeit zum Kaisers Bart. Weil sich die Geißenbartwolle auch in anderen Sprachen findet, wird sie, wie bereits erwähnt, als wahrscheinlicher erachtet. Doch letztlich ist das ganz gewiss eben immer auch nur ein völlig unsinniger (blödsinniger) Streit um des Kaisers Bart.
Das betont auch Emanuel Geibel in seinem Gedicht Von des Kaisers Bart. Dort streiten drei junge Burschen im Wirtshaus darüber, welche Farbe der Bart des Kaisers Friedrich I. hatte, und gehen nach einer blutigen Rauferei im Zorn auseinander. Und Geibels mahnende Worte lauten: "Ihr Brüder, lernt das eine, Aus dieser schlimmen Fahrt: Zankt, wenn ihr sitzt beim Weine, Nicht um des Kaisers Bart!" - Genug der Worte. Bevor jemand beginnt ernsthaft darüber nachzudenken. Und möglicherweise auch noch zu streiten, um des Kaisers Bart.
* Autor: Dr. Franz-Josef Hücker; -- Quelle: das Akazienblatt Nr. 12.2013, S. 11.