Bis in die Puppen
Der frühere Vattenfall Chef Klaus Rauscher wurde 2004 von der Berliner Zeitung gefragt, wie gut er sich in Berlin auskenne? - "Ich glaube, nicht sehr gut", antwortete Rauscher. "Man arbeitet in der Regel von morgens acht bis abends in die Puppen." - Auch wenn sich der aus Franken stammende Rauscher nicht sehr gut in Berlin auskennen mag, so bedient er sich doch bereits der vermutlich aus dem Berlinischen stammenden Redensart "Bis in die Puppen", die kaum jemand unbekannt sein dürfte. - Doch wie kamen die Berliner darauf?
Der Große Stern im Zentrum des Berliner Tiergartens ist ein Platz mit französischen Hecken und acht einmündenden Alleen. Zur Zeit Friedrichs II wurde dieser Platz um 1750 durch den Architekten Freiherr Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff mit Sandsteinskulpturen antiker Götter und Göttinnen ausgestattet, die von den Berlinern spöttisch als Puppen bezeichnet wurden. Damals schien den Berlinern der Große Stern noch weit von der Stadtgrenze am Brandenburger Tor entfernt und so musste man bis zu den "Puppen" einen ziemlich langen Spaziergang machen. - In diesem Sinne ist die Redensart "Bis in die Puppen" seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts belegt und wird bis in unsere Zeit hinein verwendet, wenn etwas richtig lange dauert, also etwa für sehr spät, bis in den Morgen hinein und so weiter. - Ebenso wie andere Denkmäler des Tiergartens wurden die Sandsteinskulpturen durch Vandalismus immer wieder beschädigt und ihre Überreste schließlich im Jahr 1829 vollständig beseitigt.
Eine andere Erklärung bezieht sich auf mehrere zusammengestellte Getreidegarben, die wie Puppen aussehen. Wenn es kräftig und andauernd regnet, wird nicht nur die Schutzgarbe nass, sondern auch das Innere und regnet bis in die Puppen. Diese Deutung wird allerdings nur sehr selten erwähnt. - Wie dem auch sei. Jedenfalls wissen wir nun halbwegs genau, was Guido Schirmeyer von der BZ wohl gemeint haben könnte, als er am 10. August 2010 dem interessierten Publikum verkündete: "Heesters (106) feiert bis in die Puppen".
* Autor: Dr. Franz-Josef Hücker; -- Quelle: das Akazienblatt Nr. 03.2011, S. 11.