Zur Salzsäule erstarren
Von Zeit zu Zeit fährt manchen Menschen der Schreck so in die Glieder, dass sie ganz starr werden. Als würde man einen Film anhalten. Der Mund steht noch offen, die eine Hand hängt scheinbar zweck- und sinnlos in der Luft. Diese Menschen wissen, was gemeint ist, wenn es heißt: "Zur Salzsäule erstarren." - Der Auslöser kann ein plötzlich auftauchender Hund sein, eine Schlange, eine Spinne, ein beliebiges Ereignis in der Umwelt. Ein Rascheln im dunklen Park. Ereignisse, die manche Menschen scheinbar unberührt lassen, anderen wiederum einen solchen Schrecken in die Glieder jagen, dass sie vor Entsetzen oder Schreck wie gelähmt sind und zu keiner Bewegung fähig. Dass sie nicht nur sprichwörtlich zur Salzsäule erstarren.
Die Redensart stammt aus der christlichen Mythologie. Auch den Uneingeweihten werden Sodom und Gomorrha bekannt sein. Die Geschichten, die sich um diese Städte ranken, deren Ruinen bis heute unauffindbar geblieben sind. - Die Lasterhaftigkeit der Menschen in diesen Städten hatte den Zorn Gottes so erregt, dass er beschloss, diese Städte mit Schwefel und Feuer restlos zu vernichten, aber die wenigen Gerechten zu verschonen. Dazu zählten Lot, seine Frau und seine beiden Töchter, die Gott durch Boten (Engel) aus Sodom führen ließ mit der Auflage, nicht zu rasten und zurückzublicken. Als sie die Stadt verlassen hatten und das Inferno über Sodom und Gomorrha hereinbrach, geschah das Unvermeidliche: "Und sein Weib (Lots Frau) sah hinter sich und ward zur Salzsäule", heißt es in den Schriften.
Eine Metapher, die seit Jahrtausenden missverstanden wird. Die auf etwas anderes verweisen soll als auf Hund, Schlange, Spinne oder andere Ereignisse in dieser Welt, in der wir leben. Die auf unser Sodom und Gomorrha zeigt. Die uns lehrt, nicht nach hinten zu schauen auf das Unabwendbare. Die uns aus der Umklammerung durch den Schatten der Geschichte befreien kann und uns zur Salzsäule erstarren lässt, wenn das misslingt. - Die uns lehren kann, nach vorn zu schauen, auf den Garten Eden, der am Horizont im Regenbogen sichtbar wird.
* Autor: Dr. Franz-Josef Hücker; -- Quelle: das Akazienblatt Nr. 11.2010, S. 11.