Schmalhans Küchenmeister
Ein schlanker Koch (schmaler Hans oder Schmalhans) galt früherer als ein Zeichen für geizige Dienstherren oder schlechte Küche. Somit wurde "Schmalhans" auch für "Hunger" und "Ungastlichkeit" verwendet. In vielen Ländern der Erde ist Schmalhans heute noch Küchenmeister, und hierzulande dreht die Kabinettsküche auch bereits gehörig an der Schraube. Hartz IV Empfänger und viele Rentner wissen ein Lied davon zu singen.
Allerdings könnte man hier durchaus auch vom Guten des Schlechten sprechen. Das belegen die zahlreichen Rezepte aus dem sogenannten Nachkriegskochbuch. Not macht erfinderisch. Immerhin gelang es den Hausfrauen nach 1945 mit dem wenigen, was Lebensmittelkarten, der eigene Garten oder Balkon, Hamsterfahrten ins Umland und der blühende Schwarzmarkt hergaben, tagtäglich die hungrigen Mäuler ihrer Familien zu stopfen. In dieser Zeit war es ein offenes Geheimnis, dass vor allem die Kartoffeln fehlende Lebensmittel ersetzen können und Brot mit Sägemehl gestreckt werden kann. Dabei galt die eiserne Regel: Wo Schmalhans Küchenmeister ist, wird nichts weggeworfen, auch keine Kartoffelschalen.
Die gewaschenen Schalen der rohen Kartoffeln wurden getrocknet, dann gekocht und nach der Abkühlung durch den Fleischwolf gedreht. Die gewonnene Masse lässt sich ausgezeichnet für die sättigende Zubereitung von Kartoffelklößen, Bratlingen (pflanzliche Bratklößchen) und Kartoffelkuchen verwenden. Das ist sehr ökonomisch, erspart vielfach den Gang in den Supermarkt und hilft, Fertig-Snacks zu vermeiden. Die machen nämlich viel dicker als Omas Küche und sind unverhältnismäßig teuer. - Und nicht zuletzt: Betrachtet man die zahlreichen Rezepte aus der Nachkriegszeit, belegen diese, selbst wenn Schmalhans Küchenmeister ist, kann ökonomisch, gesund und wohlschmeckend gekocht werden. Das setzt jedoch voraus, dass zunächst ein Kartoffelacker gefunden wird, auf dem kein Biodiesel angebaut wird.
* Autor: Dr. Franz-Josef Hücker; -- Quelle: das Akazienblatt Nr. 30.2008, S. 11.