Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Die Redewendung "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" soll von Lenin stammen, was allerdings durch dessen Schriften nicht belegbar ist. Bekannt ist dagegen, dass Lenin gerne "Dowerjai, no prowerjai" (Vertraue, aber prüfe nach) verwendet hat. Darum ist zu vermuten, dass diese Redewendung bei der Übersetzung von Lenins Schriften in die uns bekannte Form gebracht wurde, weil das russische Wort "prowerjai" mit "prüfen" und mit "kontrollieren" übersetzbar ist. Weiterhin könnte sie in der von Lenin stammenden Aussage wurzeln: "Nicht aufs Wort glauben, aufs strengste prüfen - das ist die Losung der marxistischen Arbeiter."
Auch wenn manche Zeitgenossen behaupten, Vertrauen sei gut, Kontrolle keineswegs besser, wird "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" häufig in der Alltagskommunikation zitiert. Die Aussage hat Aufforderungscharakter und bringt ein oftmals durchaus berechtigtes Misstrauen zum Ausdruck. - Da ist der Ruheständler, der seinen Rentenbescheid ungeprüft akzeptiert, weil er der Behörde vertraut, obwohl dieser fehlerhaft ist. Zu seinem Nachteil, versteht sich. Da sind die Kinder, denen die Eltern blind vertrauen. Und schon ist es wieder eine Mathe-Fünf geworden, weil das Basketball-Training kurzweiliger war als die Mathe-Übungen.
Allerdings verleitet die Redewendung auch dazu, über das Ziel hinauszuschießen und jedes Maß zu verlieren. Wie der Ehemann, der die Redewendung strikt bei seiner Frau anwandte. Wer sich das zur Maxime macht, lernt schnell die andere Seite der Medaille kennen. Dem erschließt sich rasch der Haken der Redewendung. Oftmals allerdings erst, wenn die Leid geprüfte bereits mit Sack und Pack auf und davon ist mit den Worten "Für mich sind nicht Argwohn und Kontrolle die Grundlage der Beziehung, sondern bedingungsloses Vertrauen."
* Autor: Dr. Franz-Josef Hücker; -- Quelle: das Akazienblatt Nr. 28.2008, S. 11.